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«Deutsch, nein!»

Andrea: «Deutsch ist wichtig». Monica* (der Name ist geändert, 17 Jahre, portugiesischer Muttersprache, versteckt unter eine Baseball Kappe): «Nein.» Andrea: «Wie lange bist Du in der Schweiz?» Sie: «7 Jahre.» Andrea: «Warum bist du hier?» So in etwa ging es als Evi und ich Monica zum ersten Mal trafen. Sehr viel mehr brachten wir von ihr persönlich nicht in Erfahrung. Sie kam als Minderjährige in die Schweiz, da die Grossmutter verstorben war, bei der die Eltern, die hier arbeiten, sie in Obhut gelassen hatten. Eine Schulodyssee begann. Nach der obligatorischen Schulzeit versank Monica für ein Jahr daheim, in einem Umfeld, in dem niemand Deutsch sprach. Sie: «Warum soll ich Deutsch lernen? Ich will zurück. Mit 18 bin ich frei!» So in etwa lautete ihre Devise, als wir uns kennenlernten.

Es kam ein wenig anders, als Monica dachte. Nach einem Praktikum im Detailhandel, einer entsprechenden Lernbegleitung und Unterstützung durch IMPULSIS und dank einem engagierten Geschäftsinhaber erhielt Monica das Angebot, im Sommer 2023 eine Lehre als Detailhandelsassistentin EBA zu absolvieren. – Wenn nur das Deutsch nicht wäre! So kam die damalige Geschäftsführerin von IMPULSIS auf die Idee, COURAGE YOUR WAY um eine Lernbegleitung während der der Lehre zu bitten.

Nach eingehender Prüfung nahmen wir Monica ins Förderprogramm DRA’BLIIBE auf, unter anderem, weil wir ihr Potenzial und ihre wachsende Motivation erkennen konnten und in ihr eine Hoffnung aufzuschimmern schien, mit unserer Hilfe die Lehre schaffen zu können.

Kurzbeschrieb

 

Das Ziel des CYW Förderprogramms „Dra’bliibe“ ist es, Teilnehmer:innen durch eine Lernbegleitung (Freiwilligenarbeit) auf eine Lehre vorzubereiten oder sie während der EBA/EFZ Ausbildung beim Lernen zu unterstützen. Die Lernbegleitung ist berufsspezifisch; an Berufsthemen geht es zentral um die Verbesserung der Deutschkenntnisse. Die TN müssen sich vor dem Start für ihren gewählten Beruf entschieden oder bereits einen Lehrvertrag unterschrieben haben. Die Lernbegleitung ist zielorientiert und individuell.

Schritt um Schritt nähern wir uns an. Es entwickelt sich langsame eine Beziehung, die tragfähig scheint. Monica kommt gerne. Sie ist immer pünktlich, spricht zu Beginn nur im Ja-nein-Stil. Unterdessen wurden bereits Sätze daraus. Mittlerweile höre ich sogar, welche Prüfung ansteht oder welcher Vortrag vorbereitet werden muss, z. B. über die „Vermögensschere in der Schweiz“. Nur schon das Thema braucht eine Zeit, bis wir den Sinn aufgeschlüsselt haben und Monica versteht, um was es genau gehen soll. Lern- und Prüfungstechniken kommen ebenfalls zur Sprache – und immer wieder Deutsch! Leise Erfolge zeichnen sich ab. Die anfänglichen Noten 1.8 und 1.3 haben sich sogar schon einmal in eine 5 verwandelt. Wir sind richtig stolz , Monica hat langsam den Dreh raus, wie sie lernen muss. Sie weiss, sie braucht länger als andere. Sie springt über ihren Schatten und versucht, Aufgaben ohne Google-Translator zu bewältigen, um ins Training zu kommen und ihr Deutsch zu verbessern.

Monica ist nach den Weihnachten wieder pünktlich zum Lernen gekommen, d.h. wir machen weiter. Sie will die Lehre schaffen und dann „nach Hause zurück gehen“. Warum nicht? Das Ziel ist definiert.

Ihr Beispiel ist beispielhaft und keine Ausnahme. Bei der Arbeit ist sie zuverlässig, lernwillig, pünktlich, fleissig, freundlich zu den Kunden und geschätzt im Team und von ihrem Chef. Sogar 200 Mittagessen kocht sie alleine, wenn es nötig ist, berichtet sie stolz. – Wenn nur die Schule nicht wäre …

Die Beziehung zwischen Monica und mir als Lerncoach / Mentorin wächst mit jeder Woche.
Berge versetzen wollen wir nicht. Nur kleine Erfolge erzielen, die das Selbstwertgefühl, die Zuversicht „ich kann das schaffen“ stärken – und nicht zu vergessen: das Deutsch verbessern, Satz um Satz.

In diesem Sinne freue ich mich und bin gespannt auf alles, was da noch kommen mag bis zur LAP 2026.

Auch im Namen unserer Freiwilligen wünschen wir Euch allen viele schöne, erfolgreiche und mutige Schritte auf Euren Reisen. „Ein Wir, das auch ein Ich sein darf“ hat es letzthin jemand genannt. Es macht so viel mehr Spass und tut so gut, gemeinsam an etwas zu arbeiten und zu wissen, dass wir zusammen an einem Strick ziehen. Wir müssen einfach „dra’bliibä“.

Ein wunderschönes 2024.

 

Andrea, Evi und Manuela